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10 Jahre AMPO Projekte in Ougadougou

Liebe Freunde unseres Waisenhauses in Ouagadougou,

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ja, Sie haben richtig gelesen! Ihnen allen herzlichen Glückwunsch und Dank für Ihre Treue, Ihren Einsatz und Ihre lebendige Anteilnahme an allem, was hier in Burkina Faso, so weit fort von Ihrem eigentlichen Lebensumkreis in Europa, geschieht. Wenn alle Menschen so einen feinen Charakter wie Sie hätten, sähe die Welt gewiss ganz anders aus.

Natürlich wird es ein großes Fest geben – einen Tag der offenen Tür. Schon jetzt laufen die Werkstätten auf Hochtouren, denn wir wollen unseren Besuchern ein möglichst breites Spektrum unserer Handwerkskünste zeigen. Unser Koch Adama bereitet mit seinen Lehrlingen ein Pizzarestaurant vor, ich selbst will 25 Kuchen backen und mit den MIA -Mädchen ein Café eröffnen, es wird eine Modenschau für Kleinkinder und eine weitere für Jugendliche geben. Die Schüler und Schülerinnen haben in den Osterferien Gelegenheit, ihre Theaterstücke, Tanzvorstellungen und Musikdarbietungen zu üben, von morgens bis abends wirbelt es nur so bei uns – Malwettbewerb und Lotterie werden vorbereitet, ein Schönheitssalon wird Haare flechten, unsere Lehrfarm plant eine Ausstellung ihrer Gänse und Schweine: alle sind sehr aufgeregt!

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Für mich selbst ist dies ein Moment der Besinnung: ist es wirklich 10 Jahre her dass ich am Eröffnungstag meinen kleinen 6jährigen Panamtougouri bereits schlafend für die erste Nacht auf dem Arm in seine Hütte trug? Er wird bei der Feier nicht dabei sein können, denn aufgrund von Frechheit wurde er für ein Jahr zu seinen Onkeln nach Togo geschickt – er ist ein riesiger starker Kerl geworden, und sehr unüberlegt auffahrend dazu! Diese Erziehungsmaßnahme war zwingend notwendig. Inzwischen sieht er seine Fehler ein und geht dort brav zur Schule, wir schreiben uns wöchentlich per Mail und vermissen uns gegenseitig herzzerreißend entsetzlich! Gott sei Dank und Inshallah kommt er im Juni wieder zurück zu AMPO und setzt seine Schule hier fort.

Konsequente Erziehung ist notwendig und hier auch möglich, es ist gut vor allem auch für die anderen 300 Kinder, dies zu erleben: trage die Folgen Deines Verhaltens.

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Ja, 300 Kinder sind nicht wenig, Sie selbst, liebe Freunde, sind es, die sie erhalten, zur Schule schicken und medizinisch versorgen – hätten Sie das jemals von sich gedacht? Ich jedenfalls von mir nicht! Vor 11 Jahren wollte ich nichts als vielleicht 10 oder 12 Straßenjungen eine Aussicht für ihr Leben verschaffen.

Nun, es ist anders gekommen, an einem bestimmten Punkt meines Lebens hatte ich die Wahl: als wir nämlich viel Geld aus Deutschland bekamen aufgrund eines Dokumentarfilmes, der über AMPO gedreht wurde. Damals hätte ich noch alles Geld an eine andere Hilfsorganisation weitergeben können und ein friedliches leises Leben mit meinen wenigen Jungs in Ouagadougou anstreben können. Aber eben das ging nicht! Ich wusste schon zu gut wie ich es besser machen konnte als viele andere, nämlich ohne Geldverschwendung und in großer Einfachheit, mit einem Leben an der Basis und nicht an einem Schreibtisch, mit kleinen Einrichtungen die sich afrikanisch selbst entwickeln – und einem wachsamen Auge drauf.

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Dieses mein Auge ist inzwischen ersetzt durch die Augen der Direktion – 12 afrikanische Leiter treffen sich dreimal wöchentlich, und in diesem Team werden alle Probleme durchgesprochen und Entscheidungen gefällt. Ob es da um das Verhalten von Panamtougouri oder die Anzahl der anstehenden Babyoperationen geht, wo umgebaut werden muss, ob Abdoulaye zusätzlich die Abendschule besucht, wer den Kontakt zu unserem neuen Jugendrichter hält, wann Impfaktionen stattfinden, welche neuen Kinder wir aufnehmen – alles wird gemeinsam entschieden. Darum bin ich bei AMPO eigentlich kaum noch wichtig, aber hier bringt es mir andererseits die allergrößte Freude!

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Meine eigentlich Aufgabe liegt nun wieder in Deutschland, denn ich bin es, die das nötige Budget für den Erhalt aller Einrichtungen sammelt – und vor allen Dingen soll ich nun das Stiftungsvolumen erhöhen, denn ich muss an die Zeit nach meinem Ableben denken. Schließlich läuft hier alles gut, aber natürlich nur wenn die monatlichen Unterhaltsgelder fließen. Mir fehlen dazu nur noch einige Millionen, meine Damen und Herren, bitte verständigen Sie alle Ihre Millionärsfreunde! Hier bei uns in AMPO geht nichts verloren. Ich komme gerne und stelle jedem willigen Spender unser Leben hier vor.

Und da gibt es natürlich viele Geschichten zu erzählen! Wenn ich nur an die Freunde in Deutschland denke: am Bodensee strickt Frau Winkler mit ihrer Frauengruppe Decken und Pullover für Babies, an der Ostsee verkauft Frau Schwerdtfeger für AMPO ihre Patchworkdecken, die Firma Bonita schickt uns Container und sorgt für unsere Krankenstation und vieles mehr, Herr Wolpmann aus Bremen schickt uns Notgeld für Operationen kranker Kinder, Herr Luetz baut gerade eine Seifenfabrik für 60 Aidsfrauen, Marlene und Eberhard Carius aus Coburg geben dem Verkauf der AMPO – Produkte neuen Schwung, Gaby Schumann auf Teneriffa hat ein großes Herz, der Landrat vom Kreis Roth sammelt bei seinen Bürgern für uns, Herr Scholl und Herr Hoffmann mobilisieren ihre Rotaryclubs, Frau Goette ihren Jazzclub, Frau Barthel schenkt uns ihre Lebensversicherung. Viele Praktikanten kommen hierher und geben ihre Freizeit dran, Schulen organisieren Bazare, Dr. Sigge schickt Medikamente, Frau Mächler sammelt Schulranzen – die Liste guter Menschen ist endlos, und Sie, die ich gerade Sie hier nicht mit auflisten kann, Sie gehören dazu!

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Da ich gerade dabei bin: hier auch einen großen Dank an unseren Sahel e.V. in Deutschland! Dort werden alle Spenden gesammelt, jederzeit nimmt Sabine Duwe mit freundlicher Stimme Ihre Anrufe entgegen. Unser Vorsitzender Jürgen Steinbrink ist immer ansprechbar und hat uns mit viel Mühe unsere Stiftung eingerichtet. Er besucht AMPO zur großen Freude unserer Kinder jährlich. Besonders freut es dabei unsere Jungen – er spielt nämlich Fußball mit ihnen. Letzthin konnte er vor Lachen nicht weiterspielen, denn einer der Kleinen zischte ihm nach einem Foul im Vorbeilaufen ein Wort zu, das er gerade von einem Praktikanten gelernt hatte: „Eierkopf“…….! Daraufhin wuchs eine große Freundschaft zwischen den beiden. Der Vorstand vom Sahel.V, besteht aus lauter Menschen, die AMPO schon einmal besucht haben, so dass sie ihre Entscheidungen sehr gut fällen können. Sie alle stehen im Beruf und arbeiten ehrenamtlich für diese inzwischen so große Organisation, ich danke auch im Namen aller Kinder für diesen unermüdlichen Einsatz als „Nebenbeschäftigung“!

Natürlich ist es für uns hier sehr schön einen so beweglichen Vorstand zu haben, hier ein Beispiel: vor einigen Jahren brannte hier der große Markt ab, es gab viele Verletzte, per Radio wurde nach Löschwasser und Medikamenten gefragt (es gab kein Wasser, denn es war Trockenzeit.). Wir sahen die große Rauchwolke von AMPO aus, griffen zum Telefon und fragten in Deutschland nach einem Sonderbudget für Verletzte. 10 Minuten später kam der Rückruf, Issaka und ich starteten sofort zum städtischen Krankenhaus und konnten , direkt aus der Hosentasche, mehr als 200 unversorgten Menschen mit Brandwunden helfen – sehen Sie, das ist der Vorteil eines kleinen Vereins, denn für so etwas brauchen die meisten großen Organisationen Anträge mit drei Durchschlägen, die nach vielleicht zwei Monaten bearbeitet werden.

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Anlässlich unseres runden Geburtstages haben wir in der letzten Zeit viel mit unseren Kindern über Dankbarkeit und Respekt gesprochen. Ich hoffe Sie wissen, in wie vielen Abendgebeten unserer Kinder (egal ob katholisch, muslimisch oder protestantisch) Sie selbst vorkommen. Sie können jedenfalls sicher sein, dass beständig ein kleiner afrikanischer Segen über Ihnen hängt!

Wir sind im Allgemeinen ein bisschen nachdenklicher geworden, denn uns ist das erste Mal in 10 Jahren ein Kind gestorben. Der kleine Issaka verbrachte fast 3 Monate im Krankenhaus, er starb schließlich an Nierenversagen am 23. Dezember 2005. Unsere Großen haben sein Grab gegraben, es liegt neben dem seiner von ihm so geliebten Großmutter. Issaka war 14 Jahre alt und ein ruhiges freundliches Kind. Er hatte wenig Schmerzen und machte auch im Krankenhaus täglich Schule mit seinen AMPO-Brüdern, die einen nachmittäglichen Besuchsdienst eingerichtet hatten, nachts schlief sein Bruder bei ihm. Bei AMPO fiel deswegen – auf Wunsch der Kinder, und das ist auch ganz normal in Afrika – die Weihnachtsfeier dieses Jahr aus, auch Sylvester gab es keine Fete. Die Geschenke wurden am 31. 12 mittags verteilt. Inzwischen haben wir unsere Fassung zurückerlangt, aber vergessen werden wir unseren kleinen Issaka nie.

Ihnen allen gute Grüße und Wünsche aus dem staubgeschüttelten Ouagadougou – manchmal können wir zwar nur drei Meter weit sehen, aber unser inneres Auge blickt zuversichtlich und weit in die Zukunft unserer Kinder!

Ihre Katrin Rohde

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