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Rundbrief Juli 2007

Liebe Freunde der Waisenkinder in Ouagadougou,
inzwischen sind Sie uns allen eine liebe Familie geworden, jemand der beständig im Hintergrund über uns wacht. Ihr reges Interesse an unseren Kindern hier und an den Fortschritten unserer Einrichtungen erfreut unsere Herzen – und das ist manchmal sehr nötig! Dieses Jahr kam der Regen sehr spät, und immer noch ist es nicht sicher, ob es sich einregnet. Dadurch hatten wir fast vier Monate lang tägliche Temperaturen von 45° bis 47° – dies macht krank und mürbe, selbst Afrikaner halten es kaum aus.

So hat mir meine jährliche Flucht (getarnt als Vortragsreise nach Europa!) im April diesmal gar nicht geholfen, denn direkt nach meiner Rückkunft wurde ich krank und komme nur sehr langsam wieder zu Kräften. Ihre guten Gedanken an uns helfen mir, wieder gesund zu werden. Es ist nicht immer nur der Kontostand der zählt, unseren Mut beziehen wir gleichfalls von Ihnen! Dafür bedanken wir uns.
Gerade komme ich aus dem Krankenhaus, wo wir einen 11-jährigen Jungen fanden, der sich das Rückgrat gebrochen hat. Seit drei Monaten lag er auf der Intensivstation und weinte oft. Nun konnten wir ihm ein Korsett finanzieren, so dass er aufrecht sitzen kann. Vier Wochen lang macht er jetzt in einem anderen Zentrum Krankengymnastik, von uns finanziert, samt Aufenthalt der Eltern. Als ich ihm gestern seinen Rollstuhl brachte, lachte er das erste Mal laut, denn der ist lustig knallrot, so was haben wir alle noch nie gesehen. Nun haben wir Hoffnung.

Eine andere große Sorge ist von uns genommen: in Deutschland fand ich die Finanzierung für Grundstück, Bau und fünf Jahre Unterhalt für ein zweites „Maison MIA“. Es leben einfach zu viele Mädchen in prekären Situationen alleine in dieser riesigen Stadt, ungeschützt und gefährdet. Gerade fanden wir wieder zwei Mädchen von 13 und 14 Jahren, von ihren Vätern für umgerechnet Euro 1.50 an Mädchenhändler verkauft – da bleibt mir der Atem weg! Nun sind sie in Sicherheit und leben erst einmal im Hause MIA. Dieses zweite neue Haus, wiederum für 20 Mädchen und ihre Kinder gedacht, hat bereits eine fröhliche und kompetente neue Leiterin, die die gesamte Planung mit mir gemeinsam macht: Baubeginn Oktober, Eröffnung zu Beginn 2008. Wir wollen es das „Maison ALMA“ nennen, nach meiner Großmutter. Wir danken den Spendern!

Wie immer gibt es gute und traurige Nachrichten: Wir trauern um ein ehemaliges AMPO-Kind. Unsere sehr geliebte Bernadette, inzwischen von uns als Köchin ausgebildet und in einem deutschen Haushalt hier angestellt, ist im Swimmingpool ihrer Arbeitgeber ertrunken. Dies war ein schrecklicher Unfall und ein schwerer Schock, von dem sich alle nur langsam erholen. Ihre eigenen großen AMPO-Brüder gruben ihr Grab. Am 1. Juli gehen wir geschlossen mit 100 Kindern zu einer Messe, die für sie gelesen wird – das wird noch einmal schwer.

Als Konsequenz daraus lernen die AMPO-Kinder nun allesamt ohne Ausnahme schwimmen. In vier Gruppen á 25 werden sie umschichtig von zwei Schwimmlehrern unterrichtet. Dies bot sich an, weil nun die Ferien begonnen und die Kinder Zeit dafür haben. Hier kann fast niemand schwimmen, denn Flüsse gibt es nicht und die Regenbecken haben Hakenwürmer.

Mit Schulergebnissen kann ich noch nicht dienen, denn diese kommen erst Mitte Juli. Es gab hier einen großen Skandal, weil ca. 50 Lehrer die Prüfungsfragen für die Mittlere Reife reichen Eltern gegen Geld verraten haben. So mussten alle Prüfungen Burkina weit wiederholt werden, das war viel Stress für unsere Kinder …

Stress hat auch unser Zivi Johnny: er ist der Projektleiter für den Kalender für das nächste Jahr, und der wird diesmal von den Kindern selbst hergestellt – wozu haben wir schließlich so schön fotografieren gelernt? Freuen Sie sich schon drauf, ich finde er wird sehr schön. Gleichzeitig spielt Johnny aber auch noch im Nationalteam von Burkina Faso Rugby, diese Woche gegen Mali, Niger und Tschad. Das ist ja ein harter Sport, und unsere Kinder, die natürlich jedes Mal im Stadion sitzen, stöhnen laut, wenn er wieder mal durch die Luft fliegt oder unter 10 anderen Spielern begraben wird – ja, manche Mädchen fangen an zu weinen und beschwören ihn endlich damit aufzuhören! Aber Johnny hört nicht, er will Meister werden! Im nächsten Rundbrief schreibe ich Ihnen dann, ob es geklappt hat.

Sechs Jungen und sieben Mädchen werden in diesem Herbst AMPO verlassen, so können wir dreizehn neue Kinder aufnehmen. Wie immer fällt die Wahl schwer. Zwei davon stehen aber schon fest: vor 6 und 7 Jahren wurden nachts Neugeborene vor unserem Tor abgelegt, die bislang bei Pflegemüttern in der Stadt aufwuchsen. Nun ist es soweit: Pati und Lamin werden bei uns leben und zur Schule gehen. Es sind wunderbare Kinder geworden! Dabei war ich damals so verzweifelt, weil ich nicht einmal wusste, ob sie die Nacht überleben würden. Das Gute geht eben nicht verloren.

Auf der Lehrfarm gibt es nun eine Pause, denn die ersten 100 Jungen haben ihre Lehrzeit als Biobauern hinter sich und richten sich in ihren Dörfern ein. Dort werden sie den anderen beweisen können, dass ihre
Auberginen ohne Chemie genauso groß werden wie andere und ganz ohne Ausgaben für chemische Mittel,
nur mit ein bisschen anlegen und wenden von Kompost! Gelernt ist gelernt! Inzwischen sind die Leiter der Farm schon unterwegs, um aus 10 anderen Dörfern andere Jugendliche zur Ausbildung zu finden, die dann im September bei uns anfangen werden.

So schließt sich der bäuerliche und der schulische Jahreslauf, auch unsere Buchhaltung schließt ihre Konten jeweils zum 30. Juni, mit Hochdruck wird am Jahresabschluss gearbeitet. Dieser muss deutsche Qualität haben, denn wir werden ja vom DZI überprüft. Das afrikanische Problem dabei ist: wie schütze ich 10 Jahre lang meine Akten vor Termiten und Mäusen …??? Das geht nur mit großen Blechkästen. Da es hier wegen des vielen Regens keine Keller gibt, brauchen wir für 11 Jahre Buchhaltung schon bald ein Extramagazin.

Im August geht es dann für alle Kinder in die Ferienkolonie. Schon seit Monaten bewahren wir Spiele, Bonbons, Bücher und Luftballons dafür auf, und etliche Praktikanten aus Deutschland werden kommen, um die Freizeit zu gestalten. Die Jungen fahren nach Banfora, ungefähr 400km weit in den Süden – das erste Mal so weit weg – aber natürlich werde ich ihnen für einige Tage nachfahren, um mich mit ihnen gemeinsam am Angeln, Singen und Wandern zu erfreuen. Die Mädchen nehmen die Gelegenheit unserer Farm wahr, die ja zur Zeit fast leer steht. Da sind sie näher dran an Ouagadougou, ich kann täglich zu Besuch kommen und gleichzeitig die Mädels auf die Pferde bringen – das wollte ich schon lange!
Ihnen allen wünsche ich einen feinen Sommer, mit viel Freude an Familie und Freizeit!

Ihre Katrin Rohde

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