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Zivi-Rundbrief für Dezember

Liebe Freunde und Verwandte, liebe Spenderinnen und Spender

Ich sitze hier am Computer, versuche die letzten eineinhalb Monate Revue passieren zu lassen und die wichtigsten Ereignisse für diesen Bericht heraus zu fischen. Da ich inzwischen doch einige Mails mit der Frage nach meiner genauen Arbeit hier bei AMPO bekommen habe, werde ich dieses Informationsloch stopfen. Außerdem kam am 11. November Katrin wieder gesund aus Deutschland zurück, der Advent hält Einzug und Hannes fiel vom Pferd.

Eine treffende Stellenausschreibung für meine Arbeit hier wäre „Mädchen für Alles“. So umfasst meine Tätigkeit die Bereiche „Fachmann für Oberflächen“ bis zur Teilnahme an der Direktorenrunde. Ich repariere kaputte Gegenstände, meist Lampen, schreibe Berichte, Listen, Formulare, Tabellen, bin für Besucher und Praktikanten zuständig, mache AMPO-Führungen, Fotos von Spenden für Spender, gebe Kurse, begleite den Schwimmunterricht, bin teilweise für die hiesigen Computer verantwortlich, entwerfe Flyer, organisiere Büchertische, nehme an offiziellen Buffets teil, backe Kuchen und wenn auch ich nicht mehr weiterweiß, delegiere ich die Arbeit an andere.

Mein normaler Arbeitstag beginnt um 7h 30, geht bis ca. 12h30, weiter dann von 15h bis Open End, in der Regel etwa 18h. Montags und Freitags findet morgens die „Réunion“ statt, die Direktorenrunde. Hier wird die Arbeit der einzelnen Projekte koordiniert und allgemeine Anliegen besprochen. Donnerstags und samstags ist der Schwimmunterricht für die Kinder, immer eine Riesen-Gaudi, mit jeweils 20 Kindern schwimmen zu gehen, macht auf beiden Seiten einfach großen Spaß. Sonntags gebe ich morgens Englisch- und nachmittags Deutschunterricht, zurzeit üben wir vor allem Weihnachtslieder, mit der afrikanischen Aussprache ein doppelter Genuss…

Hatte ich vor dem 11. November viele Stunden, wo ich mir die Arbeit selbst suchen konnte, gingen diese mit der Ankunft Katrins doch sehr zurück. Seit sie wieder hier ist, scheint ganz AMPO ein oder zwei Gänge schneller, zackiger zu laufen, jeder hat aufeinmal etwas zu tun und alle sind in Bewegung. Zu der allgemeinen Geräuschkulisse kommen nun noch laute Rufe nach allem Möglichen hinzu, und wehe man kommt ihnen nicht nach :-)
Meine Arbeit hier macht mir aber auch weiterhin große Freude, es ist einfach super, morgens mit dem Mofa zu AMPO zu brausen (meine Wohnung liegt ca. … km entfernt) und zu wissen, hey, hier wird was bewegt und auch ich kann etwas beitragen.

Klingt in manchen Mails aus Deutschland seit Dezember vermehrt eine gewisse Weihnachts- und Winterstimmung mit, konnte ich von Derartigem bisher noch nicht viel spüren. Gut, die kleinen Kinder frieren beim Schwimmunterricht schneller und auch mir wird die kalte Dusche am Morgen bei knapp 20 Grad unangenehm, aber tagsüber sind die Temperaturen doch noch sehr sommerlich. Umso erstaunter war ich, neulich in der Stadt vereinzelt leuchtende und blinkende Weihnachtsmänner, Plastiktannenbäume und derartigen Straßenschmuck zu sehen. Mit T-Shirt bekleidet, wirken sie auf mich immer noch ein wenig bizarr.
Daran kann man aber immerhin die ungemein großzügige Toleranz der Burkinabé bezüglich verschiedener Religionen feststellen, sind doch immerhin 50% Muslime. Das man nicht an Gott glauben könnte ist zwar für alle sehr unverständlich, aber ob er nun Allah oder Gott genannt wird, ist eher nebensächlich. So wird Weihnachten hier von allen begangen, für die einen ein wichtiges religiöses Ereignis, für die anderen einfach ein schönes Fest.

Hannes fiel vom Pferd? Ja! Wie sie wahrscheinlich wissen, hat AMPO eine Lehr-Farm, das Projekt Tond Tenga (unsere Erde). Hier verbrachte ich mit den beiden Zivis von SEWA (Sonnenenergie für Westafrika) drei lehrreiche und vergnügliche Tage. Unsere Motivation, für zwei Nächte nach TT zu gehen waren die gute Luft, gute körperliche Arbeit und eine Art Zwischenseminar. Die gute Luft spürt man augenblicklich, wenn man aus dem Auto steigt, liegt TT doch immerhin 30 Kilometer außerhalb von Ouagadougou, hier geht ein angenehmes Lüftchen ohne Ruß, Abgase oder sonstige Verunreinigungen.
TT ist ein sieben Hektar großes Areal, auf dem ca 100 Menschen leben, davon zurzeit 87 Jugendliche, die hier für zwei Jahre in biologischem Landbau und Tierhaltung ausgebildet werden. Das Ziel von TT ist, diese Jugendlichen so mit Wissen auszustatten, dass sie bei der Rückkehr auf ihre Dörfer mit ihrem Land optimal, umweltfreundlich wirtschaften und sich davon ernähren können. So wird die Landflucht verhindert, da die Jugendlichen nicht mehr in die Stadt gehen müssen, um Arbeit zu suchen.

Der Alltag der Jugendlichen auf TT beginnt normalerweise um halb sieben mit dem Gießen der Gemüsebeete und dem Füttern der Tiere. Es folgt das Frühstück und noch einmal Feldarbeit bis halb zehn. Um zehn beginnt dann der theoretische Unterricht in Klassenräumen, um 12 h gibt es Essen und bis 14h 30 ist Mittagspause. Danach wieder Feldarbeit, Theorie, Fußball, Abendessen und Schlafen.

Wir drei Zivis begannen unsere Tage mit dem Frühstück, ein Reisbrei von interessanter Konsistenz, aber genießbar. Auch wir stürzten uns dann in Arbeit, die bei uns aus Reparationen, Heuballen pressen und Löcher buddeln bestand. In den von der Sonne gehärteten, seit Monaten ausgedörrten Boden Löcher zu treiben, ist wirklich Schwerstarbeit, und mein Respekt vor den Straßenarbeitern hier, die jeden Tag in der brüllenden Hitze Gräben ziehen und Straßen bauen, ist noch einmal beträchtlich gestiegen.

Zum Mittagessen gab es Benga, ein Art Bohnenbrei, für den europäischen Gaumen sehr geschmacklos, aber sättigend. Nach einer Mittagspause durften wir dann von den Freizeitangeboten unserer Luxusunterkunft profitieren. Der Pool stellte sich zwar als Biogasanlage heraus und die im Prospekt beschriebene Meersicht ließ sich ohne größere Anstrengungen auch nicht realisieren, aber wir konnten reiten. Gesagt getan, Pferd gesattelt und los. Meine Reiterferienlager-Erfahrung als einziger Junge unter etwa 20 Mädchen, die ich als etwa 11-Jähriger sammeln durfte, kam mir nun zugute und einigermaßen kontrolliert konnte ich über TT reiten. Wenn ich großzügig über die Gebäude und sonstigen Verbauungen hinweg sah, stellte sich immerhin ein leichtes Abenteuer-, Safarigefühl ein, war jedenfalls sehr schön. Auch Hannes fand es wohl sehr schön, zumindest bis zu seinem (glimpflich ausgegangenen) Sturz.

Das angesprochene Zwischenseminar bezieht sich auf ein solches in Ghana, wo im Februar viele Freiwillige aus Afrika zusammentreffen und ihren bisherigen Dienst reflektieren werden. Wir taten Dasselbe in Klein und füllten so unsere Abende unter dem afrikanischem Sternenhimmel mit langen Gesprächen und Diskussionen.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich nun eine wunderbare Adventszeit und ein schönes Weihnachtsfest, noch einmal ein großes und herzliches Dankeschön an alle Spender, bis demnächst wieder

Jonas Lanz

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